Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst
Verfassungsschutzbericht 2024: Sicherheitslage wird komplexer und vernetzter
Die Sicherheitslage in Österreich war im Jahr 2024 vielschichtiger und dynamischer denn je – das zeigt der aktuelle Verfassungsschutzbericht deutlich, den Innenminister Gerhard Karner, Staatssekretär Jörg Leichtfried und DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner am 26. Mai 2025 vorstellten. Bedrohungen treten nicht mehr isoliert, sondern zunehmend vernetzt auf.
Der Bericht beleuchtet die wachsenden Herausforderungen in den Aufgabenbereichen der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) und der Landesämter Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE). Dazu zählen unter anderem Extremismus, Terrorismus, digitale Bedrohungen, Spionage und Desinformation.
"Es war ein Jahr multipler sicherheitsrelevanter Herausforderungen. Die DSN hat darauf mit hoher Wachsamkeit und strategischer Ausrichtung reagiert. Sicherheit ist kein Zustand, Sicherheit ist ein Prozess und dieser verlangt heute mehr denn je vorausschauendes Handeln und entschlossene Prävention, aber auch Netzwerkbildung – dafür sorgen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes", sagte DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner.
Vernetzte Bedrohungen fordern hybride Sicherheitsstrategien
Ob transnationale Terrororganisationen, radikale Akteure mit hoher Gewaltbereitschaft oder zunehmende Spionagetätigkeiten: Die Gefahrenlage erfordert umfassende und koordinierte Maßnahmen. Besonders der Schutz digitaler Räume hat sich zu einer verfassungsschutzrelevanten Priorität entwickelt. Cyberdelikte, digitale Spionage, besonders im Wirtschaftsbereich, und gezielte Angriffe auf kritische Infrastruktur haben 2024 stark zugenommen. Auch radikale Ideologien verbreiten sich zunehmend über soziale Medien – insbesondere unter Jugendlichen. Die Anzahl der jugendlichen Gefährder wächst stetig an. Gleichzeitig hat sich die Radikalisierung im Internet in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Zudem sind staatlich gesteuerte Desinformationskampagnen eine ernstzunehmende Gefahr für das Vertrauen in demokratische Institutionen. In der digitalen Ermittlung stellen sich dem Verfassungsschutz allerdings aufgrund der geltenden Rechtslage besondere Herausforderungen.
Extremismus: Gewalt auf alarmierendem Niveau
Im Jahr 2024 stieg die Anzahl der erfassten Tathandlungen im Zusammenhang mit Rechtsextremismus um 23 Prozent an, insbesondere kam es zu Anzeigen wegen Körperverletzungsdelikten, Sachbeschädigungen und Anzeigen nach dem Waffengesetz. Zudem führte der Verfassungsschutz 260 Hausdurchsuchungen und 53 Festnahmen durch. Die rechtsextreme Szene vernetzt sich zunehmend international – online wie offline – und zeigt eine gefährliche Gewaltbereitschaft. So koordinierte beispielsweise ein 16-jähriger Österreicher eine rechtsextreme Telegramgruppe mit über 150 meist minderjährigen Mitgliedern, in der Gewaltverherrlichung und Hassbotschaften offen geteilt wurden.
Auch der Linksextremismus zeigt eine steigende Gewaltbereitschaft: Mit 214 Tathandlungen steig die Anzahl im Vergleich zum Vorjahr um 120 Prozent an. Dabei wurden insbesondere Körperverletzungen und Sachbeschädigungen dokumentiert. Ziel waren vielfach politische Gegner und öffentliche Einrichtungen.
Im Bereich des islamistischen Extremismus ist ein Anstieg um über 40 Prozent auf 215 Tathandlungen zu verzeichnen. Die Terrorwarnstufe bleibt weiterhin auf der Stufe "Hoch". Soziale Medien und Online-Foren spielen eine wichtige Rolle bei der Radikalisierung von insbesondere jungen Menschen. Terrororganisationen greifen seit neuestem vermehrt auf Künstliche Intelligenz zurück, um größere Mengen an Propaganda zu erzeugen.
Spionage, Cyberbedrohungen und Proliferation im Fokus
Spionage bleibt eine unterschätzte, aber schwerwiegende Bedrohung, besonders für die nationale Wirtschaft, Forschung und Hochtechnologie. Österreich gerät zunehmend ins Visier, insbesondere asiatischer Länder wie China. Der Abfluss sensibler Wirtschaftsinformationen gefährdet sowohl die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs als auch die nationale Sicherheit.
Auch im Bereich des illegalen Waffenhandels ist Österreich sowohl Transit- als auch Quellland. Im Fokus steht zudem die Verhinderung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, insbesondere im Zusammenhang mit Dual-Use-Gütern, die aufgrund der diversen internationalen Krisenherden relevant sind. Österreich beheimatet beispielsweise Firmen, die zu den Spitzenreitern in der Herstellung von Industriemaschinen zählen.
Schutz kritischer Infrastrukturen und staatlicher Institutionen gestärkt
2024 wurden 310 Beratungen mit Betreibern kritischer Infrastruktur durchgeführt und über 1.300 Unternehmensanfragen beantwortet. Vermehrte Angriffe und Bedrohungen gegen politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger erforderten zudem gezielte Schutzmaßnahmen.
Prävention und internationale Kooperation
Die DSN setzt in der Extremismusprävention weiterhin auf einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz. Über 780 Präventionsmaßnahmen wurden im Rahmen des Programms RE#work österreichweit umgesetzt. Das Bundesweite Netzwerk Extremismusprävention und Deradikalisierung (BNED) sowie das Center for Security Analysis and Intelligence Research (CSAIR) fördern den Austausch mit Wissenschaft und Zivilgesellschaft.
Sicherheit braucht moderne Strukturen und internationale Kooperation
Der österreichische Verfassungsschutz steht dank technischer Modernisierungen, verbesserter Analysemethoden und intensiver internationaler Zusammenarbeit auf einem soliden Fundament. Die dynamische Bedrohungslage erfordert allerdings stetige Weiterentwicklung, insbesondere bei der Überwachung von Gefährdern und der Ermittlung im digitalen Raum.
Der gesamte Verfassungsschutzbericht 2024 ist unter Links zu finden.